20 Jahre und kein bisschen leise - Elke Kahr zum Frauenvolksbegehren
Unter dem Motto „20 Jahre und kein bisschen leise“ findet am kommenden Freitag im Bildungszentrum der KPÖ in Graz eine Diskussionsveranstaltung statt
Unter dem Motto „20 Jahre und kein bisschen leise“ findet am kommenden Freitag im Bildungszentrum der KPÖ in Graz eine Diskussionsveranstaltung statt. Der Anlass: Im April ist es 20 Jahre her, dass in Österreich das sogenannte „Frauenvolksbegehren“ durchgeführt wurde. Rund 650.000 Menschen in unserem Land haben damals dieses Volksbegehren unterschrieben. Von den insgesamt 25 Volksbegehren, die in Österreich seit den 90er Jahren durchgeführt wurden, haben nur drei eine größere Resonanz in der Bevölkerung erzielt. Das war ein klarer Auftrag an die Bundesregierung. Doch bei der Umsetzung der elf im Volksbegehren angeführten Punkte hat die Politik in Österreich wenig Eifer gezeigt.
Heute, 20 Jahre nach dem Frauenvolksbegehren, sind viele der darin erhobenen Forderungen noch genauso aktuell wie damals, wie zum Beispiel jene nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit. Die Lohnschere zwischen Frauen und Männern klafft nach wie vor weit auseinander – in der Steiermark um 23,54 % bei vergleichbarer Vollzeitbeschäftigung. Die Bestverdienenden in Österreich sind männliche Beamte und männliche Angestellte (Statistik Austria, Jährliche Personeneinkommen 2015). Am schlechtesten verdienen Arbeiterinnen. Warum Frauen weniger bezahlt bekommen, wird gerne damit begründet, dass sie eben in typischen „Frauenberufen“ beschäftigt seien. Doch es gibt keinen Grund, einer Frau, die sich beruflich mit der Betreuung und Erziehung von Kindern oder mit der Pflege betagter oder behinderter Menschen befasst, weniger zu bezahlen als einem Installateur oder einem Fernmeldemonteur.
Ein weiterer Punkt im Frauenvolksbegehren war die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn. Immer wieder wurde darüber geredet. Viel wurde darüber geschrieben. Erfüllt ist diese Forderung bis heute nicht.
In Haushalt und Familie sind es nach wie vor die Frauen, die eine ungleich höhere Last zu tragen haben als Männer. Oft haben Frauen keine andere Wahl, als eine Teilzeitbeschäftigung anzunehmen. Dies liegt nicht zuletzt an mangelnden Kinderbetreuungseinrichtungen. Denn die im Frauenvolksbegehren geforderte ganztägige Betreuung für Kinder aller Altersgruppen ist längst noch nicht Realität. Und wollen Frauen später in die Vollzeitbeschäftigung zurückkehren, bleibt ihnen der Weg häufig versperrt. Die Forderung nach einem garantierten Rückkehrrecht zu Vollzeitarbeit nach elternbedingter Teilzeitarbeit war schon vor 20 Jahren Thema. Schließlich ist Altersarmut die Folge eines niedrigen Lebensarbeitseinkommens. Durchschnittlich sind Frauenpensionen in Österreich um rund 500 Euro netto monatlich niedriger als Männerpensionen. Die im Frauenvolksbegehren geforderte Grundpension über dem Existenzminimum für alle gibt es bis heute nicht.
Notstandshilfe und Mindestsicherung werden noch immer vom Partnereinkommen abhängig gemacht. Auch hier sind zumeist Frauen die Leidtragenden. Sie werden in eine Abhängigkeit vom Partner gedrängt.
Erst wenn alle anderen Forderungen im Frauenvolksbegehren erfüllt wären, sollte das Frauenpensionsalter angehoben werden dürfen, so der formulierte Anspruch der InitiatorInnen des Frauenvolksbegehrens. Tatsächlich ist die schrittweise Anhebung des Frauenpensionsantrittsalter längst auf Schiene und wird sogar als Gleichstellungsmaßnahme im Interesse von Frauen dargestellt, obwohl viele Frauen ab 50 keine Beschäftigung mehr finden. Jahrelang müssen zahlreiche Betroffene als Arbeitslose ohne Perspektive auf ihre Pensionierung warten.
Man sieht also, es gibt noch so viel zu tun, bis Frauen und Männer in Österreich gleichberechtigt sind. Und deshalb werden wir von der KPÖ nicht leise werden, und zwar so lange nicht, bis wir eine Gesellschaft haben, in der Menschen unabhängig von Geschlecht, Herkunft, ethnischer Zugehörigkeit, Weltanschauung, Alter, sexueller Orientierung und Behinderung gleichberechtigt leben können.
Veröffentlicht: 9. März 2017