Zum 40. Todestag von Enrico Berlinguer
„Wir sind davon überzeugt, dass die Welt, selbst diese schreckliche, komplexe Welt von heute, erkannt, interpretiert, transformiert und in den Dienst des Menschen, seines Wohlergehens und seines Glücks gestellt werden kann. Der Einsatz für dieses Ziel ist eine Prüfung, die ein Leben würdig erfüllen kann.“
– Enrico Berlinguer in seiner letzten Rede am 7. Juni 1984 in Padua.
Vor 40 Jahren – am 7. Juni 1984 – ist der damalige Generalsekretär der Italienischen Kommunistischen Partei (PCI), Enrico Berlinguer, in Padua während einer Rede im Wahlkampf für die damaligen EU-Parlamentswahlen zusammengebrochen. Vier Tage später war Berlinguer, der neben Antonio Gramcsi und Palmiro Togliatti, bedeutendste Exponend des Kommunismus in Italien, tot.
Die EU-Wahl 1984 brachte der PCI einen seiner letzten großen Erfolge, über ein Drittel der Stimmen und zum ersten und einzigen Mal den ersten Platz vor der christdemokratischen Partei.
Der in Sassari auf Sardinien geborene Berlinguer war bereits im Alter von 15 Jahren gegen den Faschismus aktiv, trat 1943 der Kommunistischen Partei bei und lernte Palmiro Togliatti kennen, der ihn 1946 nach Rom berief, wo er verschiedene Positionen im Zentralkomitee bekleidete. 1972 wurde er an die Spitze der Partei gewählt. Schon in den 60er Jahren stand er für eine autonome Entwicklung der italienischen KP und scheute sich nicht, Kritik an Fehlentwicklungen in der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Ländern zu äußern.
Enrico Berlinguer hat eine Kommunistische Partei geführt, die wie keine andere war. Er beharrte darauf, dass sich die PCI durch die Ablehnung jeglicher Privilegien von den bürgerlichen Parteien und der Sozialdemokratie unterscheiden muss. Die Partei von Enrico Berlinguer stand in einer von Korruption und Vetternwirtschaft geprägten Politiklandschaft für eine konsequente Alternative. Insbesondere die mustergültige Verwaltung von hunderten großen und kleinen Städten sind dabei für unsere Arbeit von Bedeutung.
Die italienische Kommunistische Partei hat versucht, einen für Italien originären Weg zum Sozialismus zu finden. Viele von Berlinguers Denkanstößen dazu können auch für uns nützliche Instrumente sein. Andere, wie der „historische Kompromiss“ und der sogenannte „Eurokommunismus“, haben den Test der gesellschaftlichen Praxis nicht bestanden.
Seine Politik des historischen Kompromisses in den späten 70ern hat den Weg für die Sozialdemokratisierung des PCI geebnet. Er selbst hat das Scheitern dieser Politik erkannt und die Partei in seinen letzten Jahren nach links und für die sozialen Bewegungen geöffnet.
Nach dem Tod von Enrico Berlinguer übernahmen dennoch die „Miglioristi“, also der sozialdemokratische Flügel die Kontrolle über die PCI. Den von ihnen beschrittenen Weg der Auflösung der Kommunistischen Partei wäre Enrico Berlinguer nicht mitgegangen. Berlinguer und sein Wirken müssen differenziert betrachtet und in die Zeit eingeordnet werden, klar ist aber: Er war ein großer Kommunist und Revolutionär, aus seinen Fehlern und Erfolgen können wir viel für unsere kommenden Aufgaben lernen.
Veröffentlicht: 7. Juni 2024