Claudia Klimt-Weithaler antwortet auf Wee­kend Kom­men­tar "Keine Frauen? Egal"

Frauen haben heute Rechte, weil sie dafür ausdauernd und hart gekämpft haben.

Sehr geehrter Herr Chefredakteur!

Mit Verwunderung habe ich Ihren Kommentar zur Oberösterreichischen Regierung in der „Weekend“-Ausgabe vom 30./31.Oktober 2015 gelesen. „Keine Frauen? Egal!“

Beinahe war ich am Ende geneigt zu denken: Was will man auch anderes von einem Medium erwarten, das im 21. Jahrhundert immer noch denkt, es müsse seinen LesERN regelmäßig einen „Aufreger der Woche“ – sprich ein halbnacktes Modell anbieten?! Das wäre jedoch eine Pauschalverurteilung und weil mir solche fern liegen, hab ich versucht Ihre Zeilen zu verstehen und bin zu folgendem Schluss gekommen:

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Equal Pay Day 2015

Sie haben schlicht und einfach vergessen, dass Gesetze, die Frauen Rechte verleihen nicht von PolitikERN gemacht wurden und schon gar nicht vom Himmel gefallen sind. Frauen haben heute Rechte, weil sie dafür ausdauernd und hart gekämpft haben.

Ich darf dazu ein paar Beispiele anführen:

1910 haben Clara Zetkin und Rosa Luxenburg auf der II. Internationalen Frauenkonferenz  beschlossen, künftig einmal pro Jahr einen Weltfrauentag abzuhalten (8. März – sagt Ihnen bestimmt was J ), um damit auf frauenpolitische Forderungen aufmerksam zu machen und diese umsetzen zu können.

1918 wurde in Österreich das Wahlrecht für Frauen eingeführt. Dem gingen zahlreiche Initiativen und Demonstrationen voran, allesamt organisiert von Frauen.

1974 wurde der Mutter-Kind-Pass eingeführt, 1975 trat die Fristenregelung in Kraft, 1976 gab es eine Familienrechtsreform, die die Gleichheit zwischen Ehemann und –frau herstellte. Seit 1978 gibt es in Österreich Frauenhäuser in denen Frauen und Kinder, die Opfer von Gewalt sind, geschützt werden. All jene frauenpolitischen Errungenschaften – und Sie werden sicher nicht in Abrede stellen, dass diese wesentliche Meilensteine in der Entwicklung zu einer gleichberechtigten Gesellschaft waren – sind gelungen, weil sich federführend eine Politikerin dafür eingesetzt hat: Johanna Dohnal.

Weil Frauen hartnäckig dafür gekämpft haben, ist die Gleichberechtigung von Mann und Frau in Österreich inzwischen gesetzlich verankert. Vielleicht hat Sie diese Tatsache dazu verleitet zu glauben, nun sei alles „egal“.

Ich darf Sie in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass Theorie und Praxis leider weit voneinander entfernt sind: Frauen verdienen nach wie vor weniger als Männer, in der Steiermark zum Beispiel 23,3%. Und das, obwohl die Frauen was Bildungsabschlüsse anbelangt, die Männer längst überholt haben.

Demzufolge müssten die „besten vereinten Köpfe“ in Regierungen überdurchschnittlich Frauen sein. Sind Sie aber nicht. In Anlehnung an eine Kampagne der Frauenbewegung darf ich hinzufügen: „Fragen Sie die Männer warum!“

Erinnert man sich an die Erfolge für die Frauen und daran, wem sie zuzuschreiben sind, dann muss dem größten „Gendertheoriegegner“ klar sein: Wer die Gleichstellung von Frauen und Männern nicht nur am Papier haben will, muss weiterhin Frauen in Regierungen befürworten.

Schon in den 1990er Jahren wusste die bereits erwähnte Dohnal: „Frauenanliegen werden nur dann unterstützt, wenn sie dem männlichen Unterstützer nützen, und nur genau in dem Bereich, wo sie ihm nützen.“

Und weil wir gerade beim Erinnern sind: Wenn ich mich recht erinnere, dann bezeichnet man als Ewiggestrige Menschen, die rückständig sind, unbelehrbar veralteten Ansichten nachhängen. Emanze hingegen, als Kurzform für eine emanzipierte Frau, bezeichnet im Wortursprung Emanzipation, eine Frauenrechtlerin oder Feministin. Der Duden definiert den Begriff als „Frau, die sich bewusst emanzipiert gibt und die sich aktiv für die Emanzipation einsetzt“. Diese Zuschreibungen widersprechen sich jetzt ein bissl, oder? Gut, vereint werden die Begriffe wiederum durch die Abwertung, gelten doch beide als negativ konnotierte Schlagwörter.       

Aber das brauch ich Ihnen als Journalisten ja nicht zu erzählen.

Und eines noch: Mir als linke Emanze (huch, vermutlich halten Sie aufgrund dieser Selbstbeschreibung jetzt auch noch den steirischen Landtag – dem ich als Abgeordnete angehöre – für einen „Spielplatz für Gendertheoretiker“) - das wiederum ist jetzt mir „egal“ - also: Mir ist völlig bewusst, dass Frauen in der Politik nicht automatisch für fortschrittliche Frauenpolitik sorgen, denn Beispiele wie Thatcher und Merkel zeigen, dass neoliberale Politik keinen Platz dafür hat. Hier stehen nicht die Menschen, sondern der Profit im Mittelpunkt und deshalb gehen viele WählerInnen Rechtspopulisten auf dem Leim.

Wir brauchen eine Politik, „um für die Menschen das Beste zu erreichen“ (jetzt sind wir uns fast einmal einig) – eine Politik, die niemanden zurücklässt. Und dazu braucht es Politiker UND Politikerinnen, bei denen Gerechtigkeit Priorität hat!

Vergessen Sie das bitte nie!

Mit feministischen Grüßen

Claudia Klimt-Weithaler

Dateivorschau: Keine-Frauen_OÖ_0739_0001.pdf
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Veröffentlicht: 2. November 2015