Damenwahl - Fragen des Grazer Frauenrats zur Landtagswahl 2019
Claudia Klimt-Weithaler, Klubobfrau, beantwortet die Fragen für die KPÖ
1. Mädchenarbeit war und ist ein zentraler Motor für den gleichstellungsorientierten Fokus in der Jugendarbeit und geschlechterreflektierten Pädagogik.
Geschlechterreflektierte Pädagogik, Kinder –und Jugendarbeit geht weit über geschlechtshomogene Räume hinaus, dennoch sind geschlechtshomogene Räume in der Mädchenarbeit unverzichtbar. Es gibt Themen, Lebenslagen, Zeiten und Anlässe, die fachlich erfordern, dass Mädchen eigene Räume für ihre Bedürfnisse vorfinden. Es gibt auch Mädchen, denen aus unterschiedlichen Gründen der Besuch gemischtgeschlechtlicher Angebote versagt ist.
Ein einziges Mädchenzentrum für die gesamte Steiermark ist viel zu wenig. Sowohl in allen steierischen Regionen als auch in Graz besteht mehr Bedarf nach Mädchenzentren und Mädchenarbeit. Die Ausweitung dieses Angebotes kann auch einen Beitrag gegen die Abwanderung aus den Regionen darstellen.
Welche Schritte in diese Richtung können wir von Ihrer Partei erwarten?
Die KPÖ hat sich immer dafür eingesetzt, dass Einrichtungen für Frauen und Mädchen nicht nur finanziell abgesichert, sondern auch ausgebaut werden. Dementsprechende Anträge haben wir im Landtag eingebracht, speziell auch zur geschlechterreflektierten Pädagogik. Z.B.:
2019 Anfrage an LRin Kampus: „Förderungen des Vereins „Die Schwalbe“
2017 Antrag: „Lieber gleich-berechtigt als später. Gleichstellung der Frau in der Steiermark“ (liegt leider seit 2017 in einem Unterausschuss)
Ebenso ist es uns wichtig, dass es zu einem Ausbau von qualitativ hochwertigen Kinderbetreuungseinrichtungen vor allem am Land kommt und Kleinschulen nicht geschlossen werden. Auch dazu gibt es eine Reihe von KPÖ-Initiativen (siehe Pallast – Landtag Steiermark)
Wenn wir als Fraktion auch dem nächsten Landtag angehören, werden wir diese Forderungen erneut einbringen.
2. Ein wichtiges Instrument zur Erstellung von öffentlichen Haushalten mit dem Ziel tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter zu fördern, ist Gender Budgeting.
Was ist von Ihrer Partei geplant, um dieses Instrument bei der Erstellung des Landesbudgets zu integrieren und umzusetzen?
Derzeitige Beschlusslage im Landtag Steiermark ist es, dass jedes Landesregierungsmitglied mindestens ein Gleichstellungsziel in seinem/ihrem Ressort umsetzen muss. Wir sehen unsere Aufgabe darin, dies zu überprüfen bzw. dahingehende Initiativen einzubringen.
Bereits 2011 haben wir zum „Genderbudgeting“ eine Anfrage gemacht, 2014 zum „Gender Pay Gap der FH Joanneum“.
3. Gesellschaftliche Ressourcen sind nach wie vor geschlechtsspezifisch ungerecht verteilt. Frauen besetzen weitaus weniger Führungspositionen, verdienen bei Vollzeit um 1/5 weniger als Männer (Gender Pay Gap von 2019: 19,7! Fast 4% hinter EU-Schnitt!), sind stärker von Altersarmut betroffen und verfügen über ein viel geringeres Vermögen.
Einen Beitrag zur Chancengleichheit könnte auch eine Koppelung der Wirtschaftsförderung mit Gleichstellungsmaßnahmen leisten.
Inwiefern gibt es in Ihrer Partei dahingehende Überlegungen und welche?
Wir haben am 6.2.2018 einen Antrag zur Wirtschaftsförderung des Landes Steiermark gestellt, in dem wir fordern, dass sich der Landtag dazu bekennt, dass zum Zwecke der Erreichung der Gleichstellung von Frauen für Mittel- und Großunternehmen zur Erlangung von Wirtschaftsförderung des Landes Steiermark konkrete Maßnahmen, wie
- die Umsetzung eines qualifizierten Frauenförderplans,
- gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit für Frauen und Männer,
- verbindliche Zielvorgaben zur Erhöhung des Frauenanteils an den Beschäftigten in allen Funktionsebenen,
- die Erhöhung des Anteils der weiblichen Beschäftigten in gehobenen und Leitungspositionen
zwingend erforderlich sein sollen, und sich darüber im Klaren ist, dass ohne weiteren Eingriff in die freie Unternehmensentscheidung oben genannte Punkte nicht durchführbar sind.
Dieser Antrag wurde zwar nicht 1:1 umgesetzt, hatte jedoch zur Folge, dass aus dem Wirtschaftsressort zum ersten Mal 1 Million Euro in Frauenförderung investiert wurde.
4. "Unter den 100 bestverdienenden Sportlern der Welt ist nur eine Frau", beschreibt die deutsche ZEIT 2018 die massiven Ungleichheiten im Spitzensport". Sportlerinnen werden belächelt, ignoriert, schlechter bezahlt" und "Nirgendwo ist der Gender Pay Gap gewaltiger".
Die Situation in Österreich ist nicht besser, sowohl im Spitzensport gibt es massive Benachteiligungen in Bezahlung, Anerkennung und medialer Berichterstattung als auch, trotz erster Bemühungen, in der Förderung von Jugend- und Breitensport für Mädchen und Frauen.
Die div. Sportverband-Führungsebenen zeichnen sich, wenig überraschend, durch großteils männliche Vertretung aus, was wohl auch nicht unbedingt Garant für vehementes Gegensteuern ist.
Welche Maßnahmen plant Ihre Partei auf Landesebene, um gegen diese Missstände aufzutretenund Verbesserungen für weiblichen Spitzen-, Jugend- und Breitensport einzuleiten?
Es hat bereits eine Verbesserung in dieser Periode gegeben.
Sportfördergelder in der Höhe von 560.000 Euro wurden 2018 ausgezahlt – davon gingen 200.000 Euro an Frauen-Teams.
Wir unterstützen alle Maßnahmen, die sich mit der Aufwertung von Frauen im Spitzensport befassen und gegen die derzeitigen Missstände wenden.
Gleichzeitig betreiben wir Bewusstseinsbildung mit Veranstaltungen in unserer Bildungseinrichtung (KPÖ Bildungszentrum) z.b. zum Thema „Frauenfußball“.
Wir fordern Gleichberechtigung für Frauen im Sport – diese muss sich auch im FunktionärInnenbereich, in der Sportförderung und in der Schaffung eines adäquaten, attraktiven und auf Frauen zugeschnittenen Angebots niederschlagen.
5. Wir gehen davon aus, dass die gesetzliche Regelung der Fristenlösung unbestritten ist, was uns auch bei unserer Veranstaltung zum Nationalrat bestätigt wurde. Aber natürlich berühren wir ein komplexes Thema, Aufklärung, Prävention, Verhütungsmittel, kostenlos oder nicht, Verfügbarkeit von Kliniken usw.
Welche Überlegungen zur sexuellen Selbstbestimmung von Frauen gibt es in Ihrer Partei
Der Sexualkunde-Unterricht muss ausgebaut und massiv verändert werden. Bisher ist dieser ja mechanistisch und sehr technisch. Im Fokus sollen aber Beziehungen stehen. Hier gibt es gute Erfahrungen aus den Niederlanden. Dort findet Aufklärungsunterricht ab 4 Jahren statt und Holland hat erwiesenermaßen die niedrigste Schwangerschaftsrate unter Teenagern. Gleichzeitig braucht es auch einen guten Zugang zu Verhütungsmitteln. Dieser sollte gratis sein.
Wir fordern, dass die eigenständige Entscheidung von Frauen, eine Schwangerschaft abbrechen zu lassen, nicht nur straffrei gestellt, sondern rechtlich abgesichert wird und dass die Abtreibung versicherungsrechtlich dem Erkrankungsfall gleichgestellt wird. Ein freier Zugang zu sicheren und legalen Schwangerschaftsabbrüchen muss in allen Bundesländern gewährleistet sein.
In diesem Zusammenhang sind wir auch regelmäßig mit dem Frauengesundheitszentrum in Kontakt, um uns von Expertinnen auf den neuesten Stand bringen zu lassen.
6. Kinderbetreuung ist noch immer ein Bereich, der nicht gerecht zwischen Müttern und Vätern aufgeteilt ist. Ein qualitativ hochwertiges und zeitlich flexibles Kinderbetreuungsangebot ist die Basis dafür, dass Eltern einer existenzsichernden Beschäftigung nachgehen können.
Das Angebot an Kinderbetreuungsmöglichkeiten muss dazu stark ausgebaut werden, in allen steirischen Bezirken aber auch für Graz. Die Anzahl der Plätze ist zu gering, die zeitliche Flexibilität ist oft nicht gegeben.
Wie stehen Sie zu dem Recht auf einen Kinderkrippenplatz oder einen Kindergartenplatz für alle Kinder, unabhängig vom Alter des Kindes und davon, ob die Mutter arbeitslos ist oder nicht?
Wir brauchen flächendeckend qualitativ hochwertige Kinderbetreuungseinrichtungen. Immer noch gibt es in der Steiermark zu wenig ganztägige Kinderbetreuungsangebote, die für die Eltern leistbar sind. Besonders die Beschäftigten im Handel (überwiegend Frauen) und vor allem Alleinerzieherinnen sind die Leidtragenden. Wir werden uns weiterhin für den Ausbau von qualitativ hochwertigen Kinderbetreuungseinrichtungen einsetzen, damit Beruf und Familie für Männer und Frauen vereinbar sind. Diese Kinderbetreuungsangebote müssen unabhängig vom Alter des Kindes und davon, ob die Mutter arbeitslos ist oder nicht zur Verfügung gestellt werden.
Einen Antrag mit der Forderung „Das Recht auf einen Kinderbetreuungsplatz für Kinder ab dem 1. Lebensjahr“ haben wir bereits gestellt, wurde aber leider im Juni 2016 von SPÖ, ÖVP und FPÖ abgelehnt.
Am 15.10.2019 haben wir im Landtag den Antrag gestellt, dass die Landesregierung die Sozialstaffel für Elternbeiträge auf Betreuungsformen für Kinder bis zu drei Jahren (Kinderkrippe, Krabbelstube, alterserweiterte Gruppen) auszuweiten.
Denn für Kinderkrippen bzw. Krabbelstuben, also für die institutionelle Betreuung von Kindern unter drei Jahren, existiert kein Sozialstaffel-Beitragsersatz des Landes. Eltern, deren Kinder eine solche Einrichtung besuchen, können zwar um die Landes-Kinderbetreuungsbeihilfe ansuchen, müssen damit aber im Regelfall weit höhere Kosten in Kauf nehmen, als dies bei einem Sozialstaffel-Modell für Kinderkrippen der Fall wäre.
Gleichzeitig setzen wir uns seit Jahren dafür ein, die Rahmenbedingungen der PädagogInnen und BetreuerInnen zu verbessern: Wir fordern eine Freistellung für Leiterinnen, die ihren Namen auch verdient, einen besseren Personalschlüssel, höher Bezahlung und kleinere Gruppen.
Veröffentlicht: 6. November 2019