KPÖ: Empfehlungen der Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung endlich umsetzen!

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Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler rügt Landesregierung für ihre Nachlässigkeit in der Inklusionspolitik und fordert die Verankerung des Berufsbilds der akademischen Peer-Beratung

Menschen mit Behinderungen sind in krisenhaften Zeiten mit besonders großen Herausforderungen konfrontiert. So ist beispielsweise ihr Risiko, von Armut betroffen zu sein, doppelt so hoch wie im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung. Die in allen Lebensbereichen spürbare, massive Teuerung der letzten zwei Jahre bedroht immer mehr Menschen mit Behinderungen mittlerweile existenziell.

Angesichts dieser Situation ist der aktuelle Tätigkeitsbericht der steirischen Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung von besonderer Bedeutung. Er wird heute im Landtag Steiermark diskutiert. In diesem Bericht finden sich zahlreiche Empfehlungen aus früheren Perioden wieder, bei denen es noch keine oder nur geringe Fortschritte gab. Dabei sind die Empfehlungen der Anwaltschaft allesamt notwendige Maßnahmen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, zu der sich Österreich schon vor mehr als 15 Jahren verpflichtet hat. Die Konsequenz dieser Säumigkeit: Bei der Staatenprüfung zur Umsetzung der Konvention durch die UN im September 2023 gab es ein verheerendes Urteil: In vielen Bereichen war von gravierenden Mängeln, Stillstand und sogar Rückschritten die Rede. Inklusion – also das gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhaben aller Menschen an einer Gesellschaft – ist auch in der Steiermark noch lange nicht Realität.

 „Es zieht sich wie ein roter Faden durch die Arbeit der Landesregierung: Es wird viel versprochen und wenig gehalten. SPÖ-Soziallandesrätin Kampus hat vor Jahren ein Inklusionsgesetz angekündigt, aber bis heute keinen Vorschlag vorgelegt. So geht man nicht mit dem Betroffenen um, die zurecht auf ein gutes Inklusionsgesetz hoffen und warten“, so die Bestandsaufnahme von KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler.

KPÖ bringt langjährige Forderungen im Landtag zur Abstimmung

Folgende zentrale Forderungen wird die KPÖ heute in Form eines Entschließungsantrags einbringen:

  • Erstellung eines ressortübergreifenden Aktionsplans der gesamten Landesregierung
  • Partizipative Entwicklungs- und Entscheidungsprozesse bei allen Vorhaben, die die Interessen von Menschen mit Behinderungen betreffen
  • Erweiterung der auf Landesebene initiierten Modelle zur Inklusion von Menschen mit Lernschwierigkeiten und intellektuellen Beeinträchtigungen ins Erwerbsleben
  • Weiterentwicklung des persönlichen Budgets, um so auch Menschen mit Lernschwierigkeiten oder psychischen Beeinträchtigungen Zugang zu dieser Leistung zu gewähren und das individuelle Anspruchsausmaß zu erhöhen

Akademische Peer-Beratung als Berufsbild verankern!

Eine weitere Forderung erneuert die KPÖ im Rahmen der heutigen Debatte: Die von der Landesregierung geschaffene Ausbildung von akademischen Peerberater:innen an der FH Joanneum startete als vielversprechendes Projekt zur Inklusion von Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt. Die gute Idee: Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Psychiatrieerfahrungen dazu qualifizieren, Menschen in ähnlichen Situationen beratend zur Seite zu stehen. Viele Absolvent:innen mussten jedoch feststellen, dass Soziallandesrätin Kampus die Schaffung der nötigen Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt völlig vernachlässigt hat. Das Land hat lediglich fünf Absolvent:innen angestellt, während dutzende Menschen keine freien Stellen vorfinden.

Der Berufsverband der akademischen Peer-Berater:innen kritisiert dieses nicht zu Ende gedachte Projekt. Entgegen des eigenen Regierungsprogramms lehnt die Landesregierung eine Verankerung des Berufsbildes „Akademische Peer-Beratung“ im Sozialbetreuungsberufegesetz bislang ab, was die Rahmenbedingungen für Einrichtungen und Jobsuchende wesentlich verbessern würde. Das empfiehlt auch die Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung ausdrücklich in seinem Tätigkeitsbericht.

„Es gibt kein Konzept, wie die zu akademischen Peer-Berater:innen ausgebildeten Menschen ihre neuen Qualifikationen tatsächlich in der Berufswelt nutzen können. Es fehlt an einer Fördermöglichkeit für Selbstvertretungsorganisationen, öffentliche Einrichtungen und Krankenanstalten, die mangels gesetzlicher Verankerung des Berufsbilds de facto keine Möglichkeit haben, die Peerberater:innen trotz Bedarfs anzustellen“, schließt sich KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler der Kritik des Berufsverbands an.

Veröffentlicht: 2. Juli 2024