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"Flucht in Neuwahl, bevor Polit-Blasen platzen“

Claudia Klimt-Weithaler: Nach der Wahl kommt neues Kürzungspaket

In einer Sondersitzung beschloss der Steiermärkische Landtag heute seine Auflösung. Damit wird der Weg für die vorzeitige Neuwahl am 31. Mai freigemacht. SPÖ und ÖVP brechen diese Wahl vom Zaun, weil sie fürchten, ihr Budget könne schon vor dem Sommer platzen. Das sagte KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler zur vorverlegten Landtagswahl in der Steiermark.

Die Fortsetzung der SPÖ-ÖVP-Koalition steht bereits fest. Daran haben die Spitzenkandidaten Voves und Schützenhöfer keinen Zweifel gelassen. Auch soll der Landtag – trotz seiner Auflösung – die Arbeit bis zur Wahl fortsetzen. Unter diesen Umständen erscheint die überstürzte Flucht in eine Neuwahl äußerst dubios.

Der Verdacht liegt nahe, dass SPÖ und ÖVP die vielen Baustellen jetzt über den Kopf wachsen und sich beide Parteien ein besseres Ergebnis ausrechnen, solange sie den Steirerinnen und Steirern verheimlichen können, was wirklich auf sie zukommt:
• Zwei Glücksspiellizenzen werden auf 12 Jahre erteilt.
• Die von LR Drexler angekündigte Lösung der Pflegemisere wird auf die nächste Periode verschoben.
• Die von LH Voves angekündigte „Spitalsreform“ wird auf die nächste Periode verschoben, bevor die Bevölkerung erfahren durfte, was konkret geplant ist.
• Als größter Wurf wurde das Landesbudget 2015 gefeiert. Es gibt massive Zweifel, dass dieses Budget halten wird –damit wäre das zentrale Wahlversprechen der selbst ernannten „Reformpartner“ gebrochen.

LH-Stv. Schützenhöfer erklärte bei seiner Pressekonferenz am 5. März, in der er die vorgezogene Wahl angekündigt hat, warum schon vor dem Sommer gewählt werden soll: „Damit wir kein teures Budgetprovisorium brauchen.“ Beim Provisorium würde das aktuelle Budget fortgeschrieben werden – genau jenes Budget, über das SPÖ und ÖVP so gejubelt haben. Wer eins und eins zusammenzählen kann, weiß, was das bedeutet: Dieses Budget wird nicht halten, im Herbst kommt das nächste Kürzungspaket.

Claudia Klimt-Weithaler: „Leider können sich die Leute bei Ihnen nur auf eines verlassen: dass Sie nach der Wahl wieder kräftig zur Kasse gebeten werden. Voves und Schützenhöfer lassen deshalb schon im Mai wählen, weil ihre reformpartnerschaftlichen Polit-Blasen früher platzen, als sie gehofft haben. Die Wahrheit soll die Bevölkerung erst nach der Wahl erfahren.“

Zur vorzeitigen Auflösung des Landtags

Rede von KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler im Landtag

Sehr geehrte Damen und Herren der „Reformpartnerschaft“: Da Sie ohnehin schon angekündigt haben, die Koalition nach der Wahl auf jeden Fall fortzusetzen, stellt sich natürlich die Frage, warum Landtag und Regierung nicht bis in den Sommer – so wie es die Landesverfassung vorsieht – arbeiten können und danach die Landtagswahl zum regulären Termin, Ende September, stattfindet. Der Verdacht liegt nahe, dass Ihnen die vielen Baustellen jetzt über den Kopf wachsen und Sie sich ein besseres Ergebnis ausrechnen, solange sie den Steirerinnen und Steirern verheimlichen können, was wirklich auf das Land zukommt.

 

Orientiert man sich an Ihren Aussagen, könnte man meinen, dass es in unserem Land zwei Welten gibt. In der Welt der „Reformpartnerschaft“ herrscht Rekordbeschäftigung, das Budget ist ausgeglichen und zumindest die Landespolitikerinnen und -politiker haben Einkommen zum Auskommen. Die große Mehrheit der Steirerinnen und Steirer lebt aber nicht in dieser behaglichen reformpartnerschaftlichen Fantasiewelt. Sie wird zwischen Teuerung und sinkenden Einkommen, zwischen Rekordarbeitslosigkeit, steigenden Gebühren und einer ausgedünnten Bildungs- und Gesundheitsinfrastruktur zerrieben. Selten war der Widerspruch zwischen Selbstdarstellung und Wirklichkeit so groß wie unter dieser Landesregierung.

 

Sie hinterlassen die Steiermark in einem Zustand, der niemand kalt lässt, dem dieses Land am Herzen liegt. Es wird für kommende Generationen eine Herausforderung sein, wieder aufzubauen, was Sie niedergerissen oder liegengelassen haben – im Gesundheitswesen, bei den Schulen, im Behindertenbereich, bei der Pflege, bei der zunehmenden Armut im Land – vor allem aber bei den Finanzen. Zuerst haben Sie den größten Schuldenberg in der Geschichte des Landes angehäuft, dann mit völlig untauglichen Mitteln versucht zu verhindern, dass dieser Berg weiter wächst. Nach viereinhalb Jahren „Reformpartnerschaft“ wäre jetzt die Stunde der Wahrheit gekommen. Hält dieses seit Jahren versprochene „Budget ohne Neuverschuldung“? Sie glauben selbst nicht daran, sonst würden Sie sich nicht in letzter Sekunde in eine Neuwahl stürzen. Sie rechnen also selbst nicht damit, dass Ihr Budget eine längere Lebensdauer hat als bis Juni 2015.

 

Für die Regierung ist es sehr bequem, wenn sie in den nächsten Monaten ohne Landtag arbeiten kann. Der Landtag ist auch das Kontrollorgan der Regierung. Und auf Kontrolle möchte diese Regierung in den nächsten Monaten sicher gerne verzichten, denn es stehen einige Weichenstellungen an, zu denen Sie lieber keine Auskunft geben möchten:

 

  • Drei Glücksspiellizenzen werden für 12 Jahre erteilt, nachdem der Landtag aufgelöst wurde. Die Regierungsparteien hoffen, dass das im Wahlkampf untergeht.
  • Pflege: Große Erwartungen wurden beim Austausch der Regierungsmitglieder geweckt: Wird es einen Neustart geben, bei dem die gewinnorientierten Heime nicht mehr im Zentrum des steirischen Pflegewesens stehen? Nicht einmal die Ergebnisse der Pflegeenquete im Herbst wurden veröffentlicht. Dieses heikle Thema muss dringend gelöst werden – bequemerweise aber erst nach der Wahl.
  • Spitäler: LH Voves und LH Drexler haben eine Spitalsreform angekündigt. Wenn man sich anschaut, was im Gesundheitswesen alles passiert ist – geschlossene Krankenhäuser, geschlossene Abteilungen, Personalmangel und immer schwierigere Arbeitsbedingungen, Probleme in Zusammenhang mit dem Arbeitszeitgesetz, Versuche, Spitäler zu privatisieren… Die Bevölkerung würde gerne wissen, was konkret auf sie zukommt. Es ist zu befürchten: nichts Gutes. Erfahren werden wir es erst nach der Wahl.
  • Als der größte Wurf wurde das Landesbudget 2015 gefeiert. Es gibt massive Zweifel an der Seriosität dieses Budgets. Viele vermuten, dass das „Budget ohne Neuverschuldung“ nicht halten wird – und damit das zentrale Wahlversprechen der selbst ernannten „Reformpartner“ gebrochen wird. Erfahren werden wir es – – – nach der Wahl. Seltsam ist jedenfalls eines: LH-Stv. Schützenhöfer hat bei seiner Pressekonferenz am 5. März 2015, in der er die vorgezogene Wahl angekündigt hat, erklärt, warum schon vor dem Sommer gewählt werden soll: „Damit wir kein teures Budgetprovisorium brauchen.“ Aber beim Provisorium würde das Budget des heurigen Jahres fortgeschrieben werden – genau jenes Budget, über das sie so gejubelt haben. Wer 1 und 1 zusammenzählen kann, weiß, was das bedeutet: Dieses Budget wird nicht halten, im Herbst kommt das nächste Kürzungspaket.

 

Leider können sich die Leute bei Ihnen nur auf eines verlassen: Dass Sie nach der Wahl wieder kräftig zur Kasse gebeten werden. Denken wir zurück an den letzten Wahlkampf: Von „Arbeit und Gemeinschaft, einer ‚starken Familie‘“ war die Rede. Von einer „Steiermark in sozialer Harmonie“. Dann wurde auf Kosten der sozialen Harmonie, der Familien, ein Kürzungspaket nach dem anderen beschlossen. Regress, Mindestsicherung, Kindergartengebühren, Schulen, Pflege…

 

Seit Beginn der so genannten „Reformpartnerschaft“ im Jahr 2010 sind steirische Familien mit zahlreichen Verschlechterungen konfrontiert:

  • Kürzungen der Wohnbeihilfe und der Mindestsicherung (2011) – die kleinen Reparaturen gleichen diese Kürzung bei weitem nicht aus.
  • Streichung des Kinderzuschusses für Familien mit kleinem Einkommen (2011)
  • Streichung der Sozial- und Lernbetreuung für 1500 steirische Kinder (2011)
  • Die 2011 eingeführten Kindergartengebühren führen dazu, dass viele Kinder den Kindergarten kürzer besuchen, obwohl sie davon profitieren würden.
  • Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen wurde die erfolgreiche Entwicklungsförderung ersatzlos gestrichen.
  • Für pflegebedürftige Eltern haben Sie eine Sondersteuer eingeführt, den Regress – ebenso für Angehörige, die auf Mindestsicherung angewiesen sind. Der Regress wurde uns als alternativlos angepriesen, dann haben Sie ihn unter dem großen Druck der Bevölkerung wieder fallengelassen.
  • 45.000 Kinder leben laut Volkshilfe an oder unter der Armutsgrenze. 60.000 Steirerinnen und Steirer sind arbeitslos. 60.-80.000 sind direkt oder indirekt von Spielsucht betroffen. Nach meinem Verständnis müssten alle drei Zahlen ein Alarmsignal sein. Sie aber feiern sich selbst dafür, dass Sie wieder Arbeitsplätze eingespart haben, etwa bei der Betreuung von Menschen mit Behinderung. Sie feiern sich selbst für ein skandalöses Glücksspielgesetz, das noch mehr Menschen in den Ruin treiben wird. Sie feiern sich für die Abschaffung wichtiger Leistungen für Kinder, die die Hilfe der Gesellschaft besonders dringend benötigen würden.

 

Sie hoffen darauf, dass die Menschen das alles vergessen. Aber sie können es nicht vergessen, denn immer mehr Menschen spüren die enormen Belastungen des täglichen Lebens: Die automatische Gebührenerhöhung in den Gemeinden – ein Landesgesetz. Die erhöhte Parteienförderung auf Gemeindekosten – ein Landesgesetz, sogar per Dringlichkeitsverfügung durch den Landtag gepeitscht, als ob es dabei um Leben und Tod ginge. Die enorme Erhöhung der Gehälter der GemeindefunktionärInnen – ein Landesgesetz.

 

Die ständig steigenden Verbundtarife und die Preispolitik des landeseigenen Energieunternehmens, die millionenschweren Beratungsverträge: Sie haben alles getan, um den von Ihnen angehäuften Schuldenberg – in Ihrer Amtszeit mehr als alle Regierungen vor Ihnen zusammen – auf die kleinen Leute abzuwälzen, die sich gegen eine solche Politik nicht wehren können.

 

Ihre eigenen Geldtasche, Ihre Parteikassen und Ihre Freunde in zahlreichen Beratungsunternehmen haben Sie dabei aber ausgenommen. Denn sparen, das sollen die normalen Leute, nicht die Parteien und ihre FunktionärInnen. Die KPÖ hat in diesem Haus wiederholt den Antrag eingebracht, die Gehälter in der Landespolitik um 30 % zu kürzen. Für uns gelten viel niedrigere Grenzen, wir leiden auch keinen Hunger. Aber es wäre ein Signal, um der Bevölkerung zu zeigen: Wir sparen auch bei uns selber. Die Realität ist aber: Vom Sparen reden alle gerne, aber bei sich selbst wollen Sie davon nichts wissen. SPÖ, ÖVP, Grüne und seit 2010 auch die FPÖ haben in all den Jahren konsequent gegen diesen Vorschlag gestimmt.

 

Herr LH Voves, Herr LH-Stv. Schützenhöfer: Sie wandeln auf den Spuren des Grazer Bürgermeisters Nagl, der 2012 die Wahl vorverlegt hat, um seine Mehrheit zu retten. Wie die Wahl in Graz ausgegangen ist, das ist bekannt. Es gibt aber auch einen wichtigen Unterschied zu Graz: Dort wollte Bürgermeister Nagl mit seinem Coup die absolute Mehrheit gewinnen. Auch im Land, und das ist noch gar nicht so lange her, war das das Wahlziel der ÖVP. Jetzt klammern Sie sich verzweifelt aneinander, um wenigstens zusammen noch 50 Prozent zu schaffen. Die Angst um gut bezahlte Posten und politischen Einfluss schweißt zusammen.

 

Viele Menschen fragen sich, warum die Wahlen in der Steiermark vorgezogen werden. Warum fehlt der Regierung der Mut, die Periode zu Ende zu bringen? Es wäre eine demokratische Vorgangsweise gewesen, die Bevölkerung vor Beginn Ihrer angeblichen „Reformen“ zu fragen, ob dieser Weg erwünscht ist. Immerhin widerspricht Ihre Politik allem, was SPÖ und ÖVP vor der letzten Landtagswahl versprochen und angekündigt haben. Schon im Mai zu wählen, und deshalb stimmen wir gegen die vorzeitige Auflösung des Landtags, heißt aber auch, dass die Steirerinnen und Steirer zur Wahl gebeten werden, bevor Ihre reformpartnerschaftlichen Polit-Blasen platzen.

 

Mit Ihrer Vorgangsweise wollen Sie die Öffentlichkeit täuschen, die Opposition schwächen und sich selbst einen Vorteil verschaffen. Das wird ihnen nicht gelingen. Für uns gilt auch nach der Wahl, was wir vorher versprochen haben. Sie werden aber über ihre großspurigen Ankündigungen stolpern, die sie jetzt vor unseren Augen in Luft auflösen.

Veröffentlicht: 12. März 2015

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