Zum Tätigkeitsbericht der Landes-Gleichbehandlungsbeauftragten
Rede von KPÖ Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler dazu im Landtag
Zuerst möchte ich mich meinen herzlichen Dank an Mag.a Dr.in Sabine Schulze-Bauer und ihr Team aussprechen. Einerseits für die wertvolle und notwendige Arbeit die geleistet wird, andererseits für den Bericht.
Obwohl die Gleichstellung von Frauen und Männern im Bundesverfassungsgesetz verankert ist, geht die tatsächliche Gleichberechtigung nur schleppend voran:
• Frauen verdienen in Österreich um 22,9% weniger als Männer
• Jede 5. Frau in Österreich erlebt als Erwachsene körperliche und/oder sexuelle Gewalt. Allerdings kommt nicht jede Gewalttat zur Anzeige. Jede Frau kann Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt werden, unabhängig von Alter, Bildungsstatus und Herkunft. 90% aller Gewalttaten passieren im nahen sozialen Umfeld
• Frauen- und Mädcheneinrichtungen sind keineswegs flächendeckend vorhanden und finanziell oft schlecht ausgestattet
Auch die Gleichbehandlungsbeauftragte kommt in dem vorliegenden Bericht zu dem Schluss, dass sowohl die Anfragen an ihr Büro darauf hinweisen, dass Gleichbehandlung bzw. Gleichstellung noch nicht durchgängig erreicht sind und auch die Personalstatistiken zeigen, dass wir von einer Ausgewogenheit und damit von der Gleichstellung von Frauen und Männern in den unterschiedlichsten Funktions- und Entlohnungsgruppen noch weit entfernt sind. Wenn sie einen Blick in den Bericht werfen, dann sehen sie deutlich: In den unteren Lohngruppen ist die Anzahl der Frauen höher, als jene der Männer. In den mittleren Lohngruppen ist die Aufteilung sehr ausgewogen, in den höheren Gehaltsstufen findet man vorwiegend Männer. Gerade die BeamtInnen werden gerne als Vorbild herangezogen, wenn es um das Thema „gleicher Lohn für Männer und Frauen geht“. Sie werden zwar für die gleichen Tätigkeiten gleich entlohnt, die Gruppe, die letztendlich aber mehr verdient, sind abermals die Männer. Ebenso verhält es sich mit den Führungskräften: Wie in der Privatwirtschaft, sind auch im Landesdienst Führungspositionen überwiegend von Männern besetzt, das zeigt der Bericht klar und deutlich. Interessant ebenso die Zahlen zum Thema „Vereinbarkeit Beruf und Familie“. Hier braucht es generell einen neuen Denkansatz: Weg vom Verständnis, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein „Frauenproblem“ wäre, hin zu einer Einstellung, dass Eltern gemeinsam für die Betreuung und Pflege der Kinder verantwortlich sind. Denn: In erster Linie gehen Frauen in Karenz, nur 22 Männer haben im Berichtszeitraum (2014 – 2016) die Väterfrühkarenz (Papamonat) in Anspruch genommen. Die Karenz für die Pflege eines behinderten Kindes wurde 5 Mal in Anspruch genommen – von 4 Frauen und einem Mann.
Auch wenn es in diesen Bereichen in den letzten Jahren kleine Schritte vorwärts gegeben hat, im Grunde haben wir seit Jahrzenten die gleichen Probleme. Deshalb braucht es unserer Meinung nach auch „radikalere“ Maßnahmen. Wir haben vor einiger Zeit einen Antrag zu „Frauenförderung und Wirtschaftsförderung“ eingebracht, der darauf abzielt, Firmen stärker in die Pflicht zu nehmen. Wir wissen schon lange, dass sich „von selbst“ nichts ändert und selbst dort, wo seit Jahrzenten intensiv gekämpft wird, kommen wir nur im Schneckentempo voran.
An dieser Stelle muss man Island erwähnen. Island führt schon seit Jahren den Global Gender Gap Report des Weltwirtschaftsforums an und offensichtlich will Island diese Position aktiv verteidigen und hat sich dazu folgendes überlegt: Isländische Unternehmen sollen künftig zu gleicher Bezahlung von Männern und Frauen verpflichtet werden, per Gesetz. Dafür müssen sich Firmen mit mehr als 25 MitarbeitInnen alle drei Jahre zertifizieren lassen, dass ihre Gehaltspolitik offiziellen Vorgaben der Gleichberechtigung entspricht. Dieses Gesetz gilt als das erste seiner Art weltweit und soll den Gender Pay Gap bis 2022 schließen. Zur Begründung für das Gesetz sagte der Sozialminister Thorsteinn Viglundsson: „Die Zeit ist richtig, um etwas Radikales zu machen!“
Ich finde, nicht nur in Island ist die Zeit dafür richtig!
In der Steiermark trat das erste Landes-Gleichbehandlungsgesetz übrigens 1997 in Kraft, hier wird heuer also ein 20jähriges Jubiläum gefeiert. Ebenfalls 20 Jahre ist es her, dass 644.977 ÖsterreicherInnen das Frauenvolksbegehren unterzeichnet haben. Einige der elf Forderungen wurden umgesetzt, die meisten aber blieben bis heute ignoriert. Deshalb ist es so wichtig aufzuzeigen, dass wir nach wie vor in einer Gesellschaft leben, in der Frauen den Männern nicht gleichgestellt und erkämpfte Rechte und Errungenschaften immer wieder bedroht sind. Unter dem Deckmantel des „Sparens“ werden Möglichkeiten für Frauen rückgängig gemacht, Frauenprojekte oft ausgehungert oder ganz gestrichen.
Frauen sind die Hälfte der Weltbevölkerung. Sie leisten zwei Drittel aller Arbeitsstunden, erhalten ein Zehntel des Welteinkommens und besitzen weniger als ein Hundertstel des Welteigentums. Und nach wie vor, ist gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit keine Realität. Wer also davon ausgeht, dass inzwischen Gleichberechtigung herrscht, irrt gewaltig!
Wir brauchen eine Gesellschaft, in der Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht gleichberechtigt leben können! Und dafür lohnt es sich, weiterhin zu kämpfen!
Es wäre wünschenswert, wenn wir hier parteiübergreifend zusammenarbeiten könnten und es wäre wünschenswert, wenn wir irgendwann einen Gleichbehandlungsbericht nicht mehr brauchen würden. Aber von Österreich und der Steiermark bis Island ist es offensichtlich ein sehr weiter Weg – nicht nur kilometertechnisch.
Gleichstell_Tät_Bericht.pdf
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foerderung_von_frauen_und_maßn_selbstaendiger_antrag_1554_1.pdf
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Veröffentlicht: 27. April 2017