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Kürzungspolitik gescheitert: Die Defizite steigen, die Schulden bleiben

Auszug aus der Rede von KPÖ-LAbg. Werner Murgg zum steirischen Landesbudget 2015

Die KPÖ stimmte im steirischen Landtag gegen den – ohne Zahlen auskommenden – Budgetentwurf für das Jahr 2016. Für die KPÖ begründete LAbg. Werner Murgg, warum die Budgetpolitik von SPÖ und ÖVP gescheitert ist.

Wie schaut es nach fünf Jahren „Reformpartnerschaft“ mit Nulldefizit und Schuldenabbau aus? Diesem Ziel wurde alles untergeordnet. Aber gehen wir zuerst zurück zum Doppelbudget 2007/08: Damals betrugen die Gesamtschulden – ohne KAGes, Landesimmobiliengesellschaft etc. – 1,5 Milliarden Euro. Das Defizit betrug 2007 82 Millionen und 2008 90 Millionen Euro. Finanzlandesrat Buchmann hat damals gesagt: „Nach wie vor haben wir das gemeinsame Ziel, 2009 einen ausgeglichenen Haushalt zu schaffen. Das heißt: Keine neuen Schulden!“

 

Springen wir ins Jahr 2010: Nun betrug die Gesamtschuld 3,7 Milliarden Euro, 2011 4,1 Milliarden, 2012 4,6 Milliarden und 2013/14 5,2 Milliarden Euro. Die damalige Finanzlandesrätin Vollath sagte: „Die Nettoneuverschuldung geht kontinuierlich zurück. Mit dem neuen Doppelbudget sind wir noch nicht am Ziel, aber wir machen wieder einen großen Schritt in die Richtung eines neuen, nachhaltigen Fundaments für eine Steiermark der Zukunft!“ 2015 betrug der Schuldenstand 5,1 Milliarden Euro. Jetzt, 2016, haben wir wieder ein Defizit von zumindest 192 Millionen und Gesamtschulden von über 5 Milliarden Euro.

 

Wir erinnern uns: Zwischen 2010 und 2015 gab es eine gewaltige Kürzungswelle: Spitäler, Gemeinden, Bezirke, Kürzungen im Behinderten- und Sozialbereich, Schulschließungen, Verkauf der Wohnbaudarlehen, Einführung von Kindergartengebühren... All das, um angeblich ein Nulldefizit und einen Schuldenabbau zu erreichen. Die Wahrheit ist: Die Defizite steigen, die Schulden bleiben!

 

In den folgenden Jahren werden wir mit weiteren finanzpolitischen Schwierigkeiten zu kämpfen haben:

  • 2016 fehlen mindestens 110 Millionen Euro, weil das Finanzministerium Mittel aus der Finanzierungsreserve nicht mehr für den Schuldenabbau bewilligt.
  • Im Jänner 2017 muss die zweite KAGES-Anleihe über 500 Millionen zurückgezahlt werden.
  • Die Entwicklung der Ertragsanteile als wichtigste Einnahmequelle bleibt fraglich, da die europäische Staatschuldenkrise bzw. Eurokrise nicht gelöst ist.
  • Der neue Finanzausgleich könnte bei den Kommunen und Ländern Kürzungen vorsehen.

 

Die Krise der Steiermark hängt unmittelbar mit der Euro-Krise zusammen. Der Euro spaltet Europa, Euro- und EU-Regime (Stabilitätspakt, Fiskalpakt, „Schuldenbremse“) nehmen den Ländern die Luft zum Atmen. Sie sind Diktate einer neoliberalen, ausgabenseitigen Budgetsanierung. Es ist offensichtlich, dass seit dem EU-Beitritt in Österreich zehntausende Arbeitsplätze bei Post, Telekom, ÖBB und in der Industrie vernichtet wurden. Gerade die gut bezahlten Arbeitsplätze gingen verloren und „Hungerleiderjobs“ im Tourismus und Dienstleistungsgewerbe wurden geschaffen. Allein in der steirischen Industrie wurden 15.000 Arbeitsplätze vernichtet.

 

Wie sollen also die Schulden tatsächlich abgebaut werden? SPÖ und ÖVP haben es während der letzten Jahre trotz härtester Maßnahmen nicht geschafft, den Schuldenstand zu reduzieren – im Gegenteil! Wer glaubt, mit dieser Methode den Landeshaushalt sanieren zu können, müsste die Infrastruktur der halben Steiermark einsparen und die Transferleistungen radikal kürzen. So geht es offenbar nicht, ein anderer Weg ist notwendig!

 

Schauen wir uns das Geldvermögen und die Staatsschulden Österreichs einmal genauer an: Das Geldvermögen betrug 2014 576,8 Milliarden Euro, das Gesamtvermögen 1,2 Billionen Euro. Davon besitzt das oberste Prozent ungefähr ein Drittel. Die Schulden betrugen 2014 278,1 Milliarden Euro. Dabei steigen Schulden und Geldvermögen im Gleichklang. Natürlich kann man auf die 576 Milliarden Geldvermögen nicht einfach zugreifen wie mit einem Griff in einen Geldtresor. Nicht weil es unstatthaft wäre, sondern weil die Geldblase dann vermutlich platzen würde. Ein großer Teil der „Vermögen“ existiert ja nur als Versprechen auf einen Anteil an zukünftig von den arbeitenden Menschen herausgepressten Mehrwerts, ist also fiktives Geldkapital.

 

Was wäre zu tun? Wir brauchen einen Saldenausgleich, auch Haircut genannt. Große Vermögen werden mit einem Teil der Schulden gegengerechnet, unter Schonung kleiner und mittlerer Vermögen. Zunächst wäre ein Zinsmoratorium wichtig: Allein hier könnte die Steiermark jährlich zweistellige Millionenbeträge zur Investition in die Realwirtschaft freispielen.

 

Landeshauptmann-Stv. Michael Schickhofer sagt das Gegenteil: Er spricht in der Kleinen Zeitung vom 2.12.15 vom „Andrehen der Sparschraube“. Er nennt auch bereits die seiner Meinung nach größten Sparpotenziale: Krankenanstalten, Förderungen und Soziales. Hier trifft er sich mit Landesrat Drexler: „Man darf dem Vernehmen nach aber davon ausgehen, dass in der steirischen Spitalslandschaft kein Stein auf dem anderen bleiben wird!“ Die Steirerinnen und Steirer können sich in den kommenden Jahren auf schwere Einschnitte gefasst machen. LH-Stv. Schickhofer wörtlich: „Für Romantik ist keine Zeit, die Einschnitte wird man spüren!“

 

Was fordert die KPÖ?

  • Der Rückkauf der Energie Steiermark wäre ein Schnäppchen gewesen. 250 Millionen hätten die Anteile jetzt gekostet, der Kaufpreis der EdF betrug ursprünglich 400 Millionen.
  • Wohnbau: Trotz dringenden Bedarfs an billigem Wohnraum stagnieren die geförderten Wohneinheiten laut Budgetvorschau bis 2020 auf dem derzeitigen Niveau.
  • Soziales: Die Wohnbeihilfe muss endlich so angehoben werden, dass ein Mindestpensionistenehepaar diese Beihilfe erhält. Soziallandesrätin Kampus streicht den Ärmsten der Armen als Draufgabe noch die 20 Euro Weihnachtsbeihilfe.
  • Öffentlicher Verkehr: Es ist gut, dass die S-Bahn ausgebaut wird. Aber dringend benötigt wird ein Ausbau des öffentlichen Verkehrs in Gebiete abseits der Bahnstrecken und eine Verbilligung des öffentlichen Verkehrs.
  • Kindergärten: Das zweite verpflichtende Kindergartenjahr wäre dringend geboten. Dann wären die ersten beiden Jahre gratis. Dazu fehlen angeblich 13 Millionen Euro.

 

Wie soll das alles finanziert werden? Auch der KPÖ ist klar, dass landeseigene Abgaben nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein können. Sie sind wichtig, allein aus Gerechtigkeitsgründen. Nahverkehrsabgabe, Schottersteuer, Stellplatzabgabe für Einkaufszentren, flächendeckende LKW-Maut, das alles wäre wichtig und würde die Bevölkerung nicht belasten. Vor allem braucht es einen anderen Finanzausgleich. Derzeit werden fast 70 Prozent der Steuermittel aus Massensteuern aufgebracht. Würden Konzerne und Kapital so besteuert wie Löhne, Gehälter und Umsatz, das Steueraufkommen würde ohne Kaufkraftverlust um mehrere zehn Prozent steigen. Dazu sind weder SPÖ und ÖVP noch die FPÖ bereit.

 

Veröffentlicht: 15. Dezember 2015

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