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Landesverfassung: Minus 25% bei Demokratie und Kontrolle...

...aber keine Abstriche bei Privilegien

Rede von KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler zur Verfassungsreform im steirischen Landtag am 22. November 2011
 

Sparpolitik, Schulden und Privilegien

Heute ist es also soweit: In der Steiermark wird der Proporz abgeschafft. Das halten wir von der Kommunistischen Partei auch grundsätzlich für eine gute Sache. Dennoch sehen wir in diesem Akt keinen Grund zu feiern. Bevor man feiert, muss man sich nämlich bei dieser Verfassungsreform die Frage stellen: Was bleibt denn am Ende des Tages übrig? Ist es ein großer Wurf oder vielleicht doch nur ein Versuch der so genannten Reformpartnerschaft, davon abzulenken, dass sie mit ihrem Budget wie mit einer Abrissbirne durch die Steiermark gefahren sind und einen Kahlschlag im Sozial- und im Jugendbereich, in der Bildung, in der Kultur und im Gesundheitsbereich hinterlassen haben?

Sie geben vor, gemeinsam, konstruktiv für das Land arbeiten und dabei noch an sich selbst sparen zu wollen. Nachdem Sie einen großen Teil der Steirischen Bevölkerung geschröpft haben, beschränkt sich der Wille, bei sich selbst zu sparen, allerdings auf die Verkleinerung des Landtages. Hinauf zu den Regierungssesseln und Regierungsbüros ist dieser Spargedanke schon um einiges abgeschwächt.

Eine Verkleinerung des Landtages ist demokratiepolitisch bedenklich, denn sie zielt darauf ab, kleine Fraktionen aus dem Landesparlament zu drängen. Diese Verfassungsreform nun in so einem rasanten Tempo durchzubringen lässt durchaus den Gedanken aufkommen, dass ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Kürzungspaket besteht. Denn, bevor ihnen die Bevölkerung die Rechnung dafür präsentieren kann, ändern die die Spielregeln so, dass sie große Chancen haben, auch mit Abstrichen noch an der Macht zu bleiben.

Von einem Verfassungskonvent, den ÖVP-Klubobmann Drexler noch vor kurzer Zeit für unabdingbar gehalten hat, war überhaupt keine Rede mehr. Aber bleiben wir noch ein wenig beim Sparen: Die Verkleinerung des Landtages wird laut ihrer Novelle 788.000,- Euro/Jahr einsparen. Wie ernst es ihnen jedoch mit dem Sparen ist, zeigt sich daran, wenn es ans Eingemachte geht. Einen Vorschlag, der weitaus mehr, nämlich 2,5 Mio. Euro jährlich, hat ihnen nur ein mildes Lächeln abgerungen. Die KPÖ hat nämlich vorgeschlagen, nicht den Landtag zu verkleinern, sondern die Polit-Einkommen auf ein Maß zu reduzieren, das keine/n Abgeordnete in die Armut stürzen würde. Sie verzichten aber, obwohl sie vorgeben sparen zu wollen, auf 1,8 Mio. Euro pro Jahr, damit ihre eigenen Gehälter nicht angetastet werden. Mit ihrer Variante sparen sie nicht für die Steirische Bevölkerung, sondern sie sparen auf Kosten der Demokratie.

Viel Macht…

Die heute vorliegende Novelle der so genannten Reformpartnerschaft, die den Proporz abschaffen soll, ist nicht die erste in der Geschichte des Steiermärkischen Landtages. In der vergangenen Periode gab es bereits einen Versuch. SPÖ, KPÖ und Grüne haben damals einen Antrag ausgearbeitet, der sich in einem wesentlich zum heute vorliegenden unterschieden hat. In der Begründung dieses damaligen Antrages, findet sich ein Kernsatz – ich zitiere: „Da die Rolle des Landtages nach der Abschaffung des Proporzes systembedingt eher geschwächt wird, sieht diese Novelle eine starke Verbesserung der so genannten Minderheitenrechte vor.“

Das heißt im Klartext, eine Abschaffung des Proporzes kann nur mit einem Ausbau der Rechte der Opposition Hand in Hand gehen, denn ansonsten herrscht mangelnde Machtbalance. Es ist mir schon klar, dass die so genannte Reformpartnerschaft das anders sieht und ihrer Meinung nach die Oppositionsrechte ohnehin schon den Zenit erreicht haben. Aber ein Blick auf die Fakten zeigt, dass dem nicht so ist. Von dem Vorschlag, bei dem es noch um einen echten Ausbau der Oppositionsrechte ging, hat sich in erster Linie die SPÖ meilenweit entfernt, dutzende Abstriche gemacht und letztendlich nun gemeinsam mit der ÖVP ein Paket auf den Tisch gelegt, das mit dem ursprünglichen fast nichts mehr gemein hat.

…aber wenig Kontrolle

Doch wie sieht denn dieses Paket eigentlich aus? Ja, der Proporz kommt weg und ja, es ist auch ein positives Signal, dass sich SPÖ und ÖVP nun entschlossen haben, die Beschlussprotokolle der Landesregierung selektiv zu veröffentlichen, aber dann sind wir auch schon wieder fertig. Alle anderen Oppositionsrechte, also jene, die in der Realität umsetzbar sind und sich nicht nur am Papier schön machen, hat es auch bis dato schon gegeben. Es gibt also keinen Ausbau, sondern es bleibt, wie es war – mit ein paar Zugeständnissen, die keine wirkliche Verbesserung sind!

Ihre Strategie, werte KollegInnen von der so genannten Reformpartnerschaft, war nur allzu leicht zu durchschauen und hat mich sehr an die Vorgehensweise bei den Kürzungen im Sozialbereich erinnert: Sie haben bereits vorher gut einkalkuliert, wo Sie dann in den Verhandlungen unter dem Deckmantel „der großzügigen Bereitschaft“ nachgeben werden. Bestes Beispiel dafür war die Sache mit dem Instrument der Dringlichen Anfrage. Mit dem Vorstoß, sie solle künftig nur mehr eingebracht werden können, wenn sie von mindestens sechs Abgeordneten unterzeichnet ist, haben Sie das bekommen, womit Sie ohnehin gerechnet haben: Protest der Oppositionsparteien. In den Verhandlungen haben sie versucht, diesen Punkt als Fahnenfrage darzustellen, um abschließend zur derzeit geltenden Regelung zurückzukehren. Ähnlich wie bei den bereits erwähnten Kürzungen: Zuerst haben sie gut gebrüllt, aber nicht ohne sich selbst einen Spielraum mit ein paar Millionen zu lassen, um dann nach den Protesten Zugeständnisse machen zu können.

Wenn diese Verfassungsreform heute beschlossen wird, dann wird sie es ohne die Stimmen der KPÖ. Wir begrüßen zwar die Proporzabschaffung und sehen in der neuen Verfassung punktuell gute Ansätze, die durchaus unsere Zustimmung finden. Aber eines darf man nicht vergessen: Die Regierung wird künftig viel mehr Macht erhalten, die Opposition bekommt aber keine zusätzlichen Rechte. D.h. die Möglichkeiten der Kontrolle sind sehr eingeschränkt. Und vor allem zeigt diese Verfassungsreform deutlich: Gespart wird an der Demokratie, aber nicht an den Privilegien, denn diese bleiben unangetastet.

Dabei zeigen gerade die Ereignisse der letzten Wochen, wie wichtig eine kritische und konstruktive Opposition ist. Das ist für die Regierung natürlich nicht immer angenehm, vor allem, wenn sie gegen die Bevölkerung arbeitet. Aber denken wir nur an die Mindestsicherung. Die KPÖ hat lautstark davor gewarnt, dass diese gravierende Mängel beinhaltet, die dazu führen werden, dass die Betroffenen weitaus schlechter gestellt sind als mit der bisherigen Sozialhilfe. Jetzt ist man endlich auch im Sozialressort zur Einsicht gelangt, dass es Änderungen im Sinne der Betroffenen braucht.

Fazit

Wir stimmen einer Verfassungsreform, die die Opposition klein hält, während die Regierung kaum noch einer Kontrolle unterliegt und die Privilegien aufrechterhält, nicht zu. Betrachtet man ihre so genannten Reformvorhaben in Zusammenhang mit den Entwicklungen der vergangenen Monate, mit dem Kürzungspaket, der mangelnden Transparenz bei dem Plan der Bezirks- und Gemeindezusammenlegungen, oder auch vor kurzem beim Plan, die Ombudsstellen und Anwaltschaften kaltzustellen, dann zeigt sich bei SPÖ und ÖVP ein Politikverständnis, das die KPÖ nicht mittragen kann und nicht mittragen wird.

Wenn sie sich heute für diese Novellierung abfeiern lassen, in der Hoffnung, dass die ganze kleine österreichische Welt staunend auf sie blickt, dann vergessen sie nicht: Einer ausgiebigen Feier folgt meist ein ausgiebiger Kater auf den Fuß.

Veröffentlicht: 22. November 2011

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