Ludmilla „Milli“ Trub 13.07.1929 – 31.03.2020
Mit Milli Trub hat die KPÖ eine ganz besondere Mitstreiterin und Kämpferin für Gerechtigkeit verloren.
Vielleicht (Erich Fried)
Erinnern
das ist
vielleicht
die qualvollste Art
des Vergessens
und vielleicht
die freundlichste Art
der Linderung
dieser Qual
Milli Trub wurde in Kapfenberg als Ludmilla Schantl als ältestes von 14 Kindern geboren. Schon ihr Vater, ein Fabriksarbeiter, war Kommunist und im Widerstand gegen das Dollfuß-Regime und dann gegen den Nationalsozialismus tätig.
Es war eine Zeit der Ungerechtigkeiten und auch der Verfolgungen, die Milli selbst miterlebte und in der sie merkte, dass man hier etwas dagegen tun müsse und so hatte sie sich bereits als Kind den Kommunisten zugehörig gefühlt.
1947, als Achtzehnjährige, wurde sie dann auch Mitglied der KPÖ. Sie heiratete ihren geliebten Mann Johann Trub, den sie ebenfalls für die KPÖ begeistern konnte.
Nachdem die sogenannte „Baracke“, die sowohl als Unterkunft wie auch als Parteiheim diente, von einem Hochwasser Ende der 50er-Jahre faktisch weggeschwemmt wurde, begann der Aufbau des jetzigen Parteiheimes, zusammen mit vielen Genossen wie ihrem Mann und auch Fritz Nöst, der nach dem Tod ihres Mannes in den 80er-Jahren ihr Lebensgefährte wurde und bis zuletzt blieb.
Federführend an diesem Bau war auch ihr väterlicher Freund, der Widerstandskämpfer und Obmann der KPÖ, Franz Bair, dessen Namen das Parteiheim heute trägt.
Eine meiner frühen Begegnungen mit ihr war auch zusammen mit Franz Bair und anderen im so genannten „kleinen Saal“ des Heimes bei einer Besprechung vor über 25 Jahren. Sie war es dann auch, die mich überredet hat, beim Begräbnis von Franz Bair zu sprechen. Es sollte auch „von Seiten der Jungen“ etwas gesagt werden, meinte sie. Und ich solle mich ohnehin „besser kleiden“ sagte sie ein anderes Mal. Ich vertrete die Partei, meinte sie.
Milli hatte eine ganz besondere Art, „Kritik“ zu üben. Diese war immer zusammen mit einer Erklärung und einer Entschuldigung dafür, dass Kritik wichtig sei. Ich bedankte mich bei allen ihren Ideen und Kritikpunkten. Ich lernte, was faire Kritik bedeutet. Lernen war etwas, was man von ihr konnte.
Aber auch Spaß und Freude kam nicht zu kurz. Oft war ich bei ihr zuhause eingeladen, habe zu essen und zu trinken bekommen und wir haben die aktuelle Lage und die jeweiligen Neuigkeiten besprochen. Zu Ostern hat sie mir einen Kuchen ins Parteiheim gebracht, im Sommer hat sie mich in ihren Garten eingeladen und auch dort hat sie aufgekocht und weitere Gespräche kamen nicht zu kurz.
Bei all ihren runden Geburtstagen war ich eingeladen, es waren immer lang vorbereitete Feste im Kreise ihrer Familie, ihrer Verwandten und ihrer Freunde.
Milli war immer schon eine fortschrittliche Person und es erstaunt nicht, dass sie mit Sicherheit eine der ersten war, die bereits ein Mobiltelefon in Verwendung nahm, wo dies noch fast niemand hatte.
Nicht vergessen werde ich auch die zwei Koffer, gefüllt mit Kleidungsstücken, Buntstiften und Spielwaren, die sie mir vollkommen unvermittelt gebracht hat, nachdem ich ihr vor 19 Jahren erzählte, dass ich für einen Monat in ein rumänisches Kinderheim als Aushilfe fahren werde. Kinder waren ihr immer ein großes Anliegen.
Auch bei ihren Fahrten in die damalige Sowjetunion hatte sie immer Geschenke für Kinder dabei und brachte unzählige schöne Geschichten über ihre Erlebnisse für ihre Kinder und Enkelkinder mit nach Hause. Allerdings sparte sie auch dort nicht mit Kritik an Situationen, die sie verbesserungswürdig fand - und sie war danach auch stolz auf sich, wenn dies einer Parteileitung nicht gefiel, was sie zu sagen hatte.
In der Organisation "Kinderland" organisierte sie bereits seit Beginn Heimstunden, Maskenbälle und Weihnachtsfeiern, engagierte sich bei Ferienaktionen für benachteiligte Kinder und trat auch selbst als Theaterschauspielerin auf.
Später war sie in der Frauenbewegung aktiv. Ihre Überzeugung war, dass die Rechte der Frauen am besten in Zusammenarbeit mit den Männern erreicht werden konnten. Milli wurde dann auch Obfrau des "Bundes demokratischer Frauen - BdF" und organisierte Ausflüge, Frauennachmittage sowie Veranstaltungen zum Internationalen Frauentag. Die rote Nelke für all ihre Freundinnen durfte an keinem 8. März fehlen, persönlich überbrachte sie jeder Frau alle Jahre ihre Blume.
Auch mich hat sie dazu bewogen, dem BdF beizutreten, diese Organisation war ihr bis zum Schluss eine Herzensangelegenheit. Sie war auch Mitglied beim Zentralverband der Pensionisten und beim KZ-Verband - dem Verband der Antifaschisten.
Für die KPÖ trat sie nicht nur bei Wahlen an, sie war auch jahrzehntelang aktives Mitglied des Landesvorstandes und der Bezirksleitung. Sie stand der Partei beinahe ihr ganzes Leben lang mit ihren Ideen, ihren Vorschlägen, ihren Beiträgen, ihren Veranstaltungen und ihren Taten zur Verfügung. Sie wurde auch zur Ehrenobfrau der KPÖ Kapfenberg ernannt.
Neben ihrem Engagement in der KPÖ kam auch ihre Familie nicht zu kurz. Ihre Söhne und Schwiegertöchter, ihre Enkelkinder und Urenkel verlieren eine unglaublich wichtige Gesprächspartnerin, eine vertraute Zuhörerin, ein starkes Vorbild, eine herzensgute Mutter, geliebte Oma und Uroma, mit der sie immer noch zu wenig Zeit verbracht haben und wo ihre Liebe spürbar war und fehlt.
Fritz verliert seine über alles geliebte Frau.
Die KPÖ verliert eine ganz besondere Mitstreiterin und Kämpferin für Gerechtigkeit.
Ich verliere eine wertvolle und wunderbare Freundin.
Möge „Die Moldau“ von Bedřich Smetana für dich erklingen…
Clemens Perteneder
Veröffentlicht: 22. April 2020