Steirisches Pflegegesetz: Warum die KPÖ nicht zugestimmt hat

In der Juli-Sitzung des Landtags Steiermark wurde das neue Pflege- und Betreuungsgesetz beschlossen, das vor neun Jahre angekündigt wurde. Die Erwartungen waren entsprechend hoch – und groß ist am Ende die Enttäuschung, da das Gesetz weniger den nötigen Kurswechsel für eine Lösung des Pflegenotstands einleitet, als dass es in den wesentlichen Zügen nur den Status quo festschreibt.

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Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler: „Der Grundsatz ,Mobil vor stationär‘ wird zwar formal im Gesetz festgeschrieben, die nötigen Maßnahmen für die Umsetzung in der Praxis fehlen aber. So wird vielen älteren Menschen ihr Wunsch, möglichst lange gut betreut zuhause leben zu können, leider auch weiterhin verwehrt bleiben.“

Heute wird im Landtag das neue Pflege- und Betreuungsgesetz beschlossen, das vor neun Jahre angekündigt wurde. Die Erwartungen waren entsprechend hoch – und groß ist am Ende die Enttäuschung, da das Gesetz weniger den nötigen Kurswechsel für eine Lösung des Pflegenotstands einleitet, als dass es in den wesentlichen Zügen nur den Status quo festschreibt.

Die guten…

  • Positiv sieht die KPÖ das Bekenntnis zur Gemeinnützigkeit für zukünftige Pflegeheimbetreiber. Das ist ein wichtiges Signal in einem Bundesland wie der Steiermark, in dem gewinnorientierte Betreiber eine dominierende Rolle einnehmen. „Profite dürfen niemals wichtiger sein als Menschen. Das gilt besonders im Gesundheits- und Pflegebereich“, so KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler.
  • Der Grundsatz „Mobil vor stationär“ wird im Pflegegesetz verankert. Am bestehenden Regress für mobile Pflege wird aber bedauerlicherweise festgehalten, was der praktischen Umsetzung des Grundsatzes entgegenwirkt. „Der Grundsatz ,Mobil vor stationär‘ wird zwar formal im Gesetz festgeschrieben, die nötigen Maßnahmen für die Umsetzung in der Praxis fehlen aber. So wird vielen älteren Menschen ihr Wunsch, möglichst lange gut betreut zuhause leben zu können, leider auch weiterhin verwehrt bleiben“, so Claudia Klimt-Weithaler.
  • Ein gesetzlicher Rahmen für ambulante Angebote – von Alltagsbegleitung über kurz Kurz- und Übergangspflege bis hin zu betreutem Wohnen – und die Pflegedrehscheibe wird erstmals festgeschrieben, wobei es weiterhin leider keinen Rechtsanspruch auf mobile Pflege gibt.

…und die schlechten Seiten des Pflegegesetzes

Wesentlich umfassender sind die Kritikpunkte der KPÖ, die bedauerlicherweise nicht aufgegriffen wurden:

  • Community Nurses sind im Pflegegesetz nicht verankert, obwohl sie als Leistung im Pflegefondsgesetz vorgesehen und finanziert sind.
  • In puncto Pflegeheimkontrollen schreibt das neue Gesetz sogar eine massive Verschlechterung fest: Die Zentralisierung führt dazu, dass das für die Qualitätssicherung sehr wichtige Kontrollwesen nach unten nivelliert wird. Bislang war es in der Landeshauptstadt gelebte Praxis, private Pflegeheime zwei Mal pro Jahr unangekündigt zu kontrollieren. Künftig wird der Stadt Graz diese Kompetenz entzogen. Die neue zentrale Heimaufsicht des Landes soll nur mehr „zumindest einmal jährlich ohne vorherige Ankündigung“ kontrollieren. Gegen diese Verschlechterung geht die KPÖ seit Monaten an und wird heute im Rahmen der Landtagssitzung einen entsprechenden Abänderungsantrag einbringen.
  • Auch im Bereich der spezialisierten Angebote für Demenzkranke enttäuscht das Gesetz. Wichtige Leistungen wie die mobile alterspsychiatrische Betreuung bzw. speziell betreute Wohnformen wurden nicht berücksichtigt.
  • Grundsätzlich kritisiert die KPÖ, dass essentielle Aspekte des Pflegewesens – Normkosten, Pflegeschlüssel, etc. – nicht im Pflegegesetz, sondern weiterhin über Verordnungen geregelt werden und damit viel zu große Spielräume und offene Fragen verbleiben.

Bedauerlicherweise stießen sämtliche Verbesserungsvorschläge der Opposition bei der Landesregierung auf taube Ohren. Von der öffentlichkeitswirksam angekündigten inhaltlichen Diskussion des Pflegegesetzes blieb unterm Strich kaum Zählbares übrig.

So hat die KPÖ abgestimmt

Die KPÖ konnte dem Pflegegesetz aus genannten Gründen keine pauschale Zustimmung geben. Sehr wohl haben Claudia Klimt-Weithaler und Werner Murgg aber einzelnen Punkten des Gesetzes zugestimmt, und zwar konkret im Artikel 1 StPBG-Pflege- und Betreuungsgesetz dem § 21 Rechte der PH-Bewohnerinnen, dem § 27 (1) Gemeinnützigkeit PH-Betreiber und dem Artikel 3 StBHG-Behindertengesetz. Weiters hat die KPÖ einen Abänderungsantrag zu § 39 Abs. 1 eingebracht, um zweimale jährliche Kontrollen der Pflegeheime sicherzustellen. Dieser Antrag wurde von den Regierungsparteien ÖVP und SPÖ abgelehnt.

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Veröffentlicht: 3. Juli 2024