Was ist eigentlich geschlechtssensible Pädagogik und warum fordern wir sie?
Es ist entwicklungspsychologisch bewiesen, dass vor allem die frühkindliche Entwicklung ausschlaggebend für den weiteren Lebensverlauf jedes Menschen ist. Rollenbilder, die in dieser Phase geprägt werden, beeinflussen die weitere Lebens- und Lerngeschichte der Kinder wesentlich. Um stereotype Berufsbilder aufbrechen zu können, gilt es schon sehr früh, traditionelle Geschlechterrollen kritisch zu hinterfragen. Kinder sollen die Möglichkeit haben, sich unabhängig vom Geschlecht entwickeln und entfalten zu können. Geschlechtssensible Pädagogik beschreibt diesen pädagogischen Ansatz.
Sara Plassnig wirft unter diesem Aspekt einen Blick in die Schule:
Die Schule: ein Ort des emanzipierten Lernens?
Wie wir alle als Mitglieder in einer Gesellschaft, stehen natürlich auch Lehrerinnen und Lehrer unter deren Einfluss. Die Wertvorstellungen im Kapitalismus, in dem wir leben, bekommen wir schon in unseren Kinderjahren mit in die Wiege gelegt. Dadurch trägt auch der Schulunterricht zur Aufrechterhaltung der männlichen Dominanz sowie der Geschlechterstereotypen in unseren Schulen und schlussendlich in unserer Welt bei.
Was alles so schief läuft…
Studien zufolge schenken Professorinnen Jungs viel mehr Aufmerksamkeit. Ob dies nun durch Ermahnung oder Lob erfolgt, die Klassenkollegen erhalten auf alle Fälle mehr Rückmeldungen auf ihre Leistungen, auf ihr Verhalten.
Ebenso behaftet von Vorurteilen sind die Eigenschaften, die Schülerinnen und Schüler angeblich an den Tag legen. Schülerinnen werden oft als untalentiert, aber fleißig, Schüler hingegen als begabt, aber faul, angesehen. Diese Zuschreibung beeinflussen klarerweise Erklärungen von Misserfolg und Erfolg. Sie spielen bei der Entwicklung des Selbstbewusstseins eine große Rolle.
Oft heißt es, Intelligenz und Kreativität führen bei Burschen zu positiven Leistungen, Faulheit oder fehlende Motivation zu negativen. Bei den Mädels hingegen sind Fleiß und Ordnung maßgeblich für Erfolg, Inkompetenz für Misserfolg.
Dennoch erreichen Schülerinnen meistens bessere Noten, sind in größerer Anzahl auf Gymnasien und Realschulen vertreten und erreichen höhere Abschlüsse.
Trotz ihrer besseren Zugangschancen zu Hochschulen und in die Arbeitswelt, finden junge Frauen noch schwerer gut bezahlte Jobs und gehen häufig Berufen mit keinerlei Aufstiegsmöglichkeiten nach. Die zukunftsträchtigen Domäne sind immer noch Großteils von Männern besetzt, denn in der Schule werden Mädchen kaum zu solchen ermutigt.
Viele Frauen befürchten den inneren Konflikt zwischen Beruf und Familie, die Doppelbelastung. Diese ist in unserer Gesellschaft typisch weiblich und wird als individuelles Problem jeder einzelnen Frau gesehen.
In Schulbüchern und Lehrplänen
Im Unterricht wird die Ungleichberechtigung der Frauen selten thematisiert. Kaum fällt das Wort „Doppelbelastung“ in Schulstunden. Auch über bedeutende Frauen bekommt man dort wenig zu hören. So werden den Schülerinnen kaum Möglichkeiten zur Identifikation, beziehungsweise den Schülern zu Auseinandersetzung mit starken Frauen gegeben.
Mädchen werden öfters dazu aufgefordert sich „angemessen“ zu verhalten. Selbstbewusstes Auftreten wird oft als „unerzogenes Zurückreden“ abgestempelt. So werden Schülerinnen in eine gewisse Rolle gedrängt.
Ebenso bei den späteren Kompetenzen am Arbeitsmarkt wird von Frauen vor allem soziales Verhalten erwartet. Jungs hingegen werden stark in technischen Bereichen gefördert.
Das macht sich auch bemerkbar an den verschiedenen Schultypen. An technischen Schulen, wie der HTBL, sind nur wenige Schülerinnen, an pädagogischen jedoch, wie der BAKIP, sind die Männer stark in der Unterzahl.
Was dagegen tun? Was tun!
Um diese Rollenklischees aufzubrechen, müssen sie im Unterricht, in der Schule Thema werden. Vor allem in Ausbildungsstätten, in denen ein großer Teil der Erziehung und Sozialisation passiert, muss zu einer Chancengleichheit in der Entwicklung vor allen Menschen hingearbeitet werden. Alle Bereiche in unserer Gesellschaft müssen in diese Richtung hingehend verändert werden. Doch uns als wirklich solidarische, freie und gleichberechtigte Menschen wird es nur in einer Welt ohne Ausbeutung geben. Deshalb kämpfen wir Kommunistinnen und Kommunisten für ein System ohne Unterdrückung!
Sara Plassnig
Veröffentlicht: 27. August 2013