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Wertschöpfungsabgabe statt Besteuerung von Arbeit

Soziale Sicherungssysteme brauchen ein solides Fundament

In Österreich herrscht Rekordarbeitslosigkeit. Viele Arbeitsplätze sind so schlecht bezahlt, dass Menschen trotz Vollzeitarbeit auf Sozialleistungen angewiesen sind und kaum Beiträge zum Sozialsystem leisten können. Je mehr Menschen auf Sozialleistungen angewiesen sind, desto weniger Geld ist für deren Finanzierung vorhanden.

Die KPÖ tritt deshalb für eine Wertschöpfungsabgabe als neuen Weg der Finanzierung des Gesundheits- und Sozialsystems ein. Dies würde die Steuerlast auf Arbeit verringern und zu einer gerechteren Verteilung des erwirtschafteten Wohlstands führen. Neoliberale Kräfte fordern dagegen offen die Einführung eines Niedriglohnsektors in Österreich bei gleichzeitiger Kürzung der Mindestsicherung. Das würde aber kein einziges Problem lösen, sondern viele neue schaffen. Denn Billigjobs führen nicht zu einer solideren Finanzierung des Pensions- und Gesundheitssystems, sondern zu einer Abhängigkeit immer mehr Menschen von Sozialleistungen („working poor“).

Um die Finanzierung der Daseinsvorsorge langfristig zu sichern und dabei gleichzeitig gerechter zu gestalten, sollte deren Finanzierung auf eine neue Grundlage in Form einer Wertschöpfungsabgabe gestellt werden. Die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme und der Gesundheitsvorsorge beruht derzeit größtenteils auf Abgaben auf die Arbeitseinkommen. Konjunktur und Arbeitslosigkeit sowie die Entwicklung von Löhnen und Gehältern sind also entscheidend. Da in Österreich die Erwerbseinkommen schon seit Jahren stagnieren bzw. sogar zurückgehen, bildet das derzeitige System eine denkbar schlechte finanzielle Basis.

Ihre Vorschläge hat die KPÖ im Landtag zur Diskussion gestellt. In einer Stellungnahme erklärte die Landesregierung am 21. Juni, dass sie die Überlegungen zwar diskussionswürdig findet, sie aber in den derzeitigen Verhandlungen zum Finanzausgleich nicht zur Sprache bringen möchte. Es seien noch viele Fragen zu klären, heißt es in der Stellungnahme der Landesregierung.

KPÖ-LAbg. Werner Murgg: „Unternehmen profitieren davon, dass sie den Beschäftigten immer weniger bezahlen. Menschliche Arbeitskraft wird verstärkt durch Maschinen ersetzt. Wenn nicht gegengesteuert wird, werden wir aus dem Teufelskreis von Sozialabbau, Arbeitslosigkeit und niedrigen Einkommen nicht ausbrechen. Das Sozialsystem braucht eine sichere Grundlage. Es ist dringend nötig, diese Diskussion jetzt zu führen und sie nicht auf die lange Bank zu schieben.“

Rund zwei Drittel der Sozialausgaben werden derzeit aus Sozialversicherungsbeiträgen finanziert, das restliche Drittel aus allgemeinen Steuern. Dieses Verhältnis hat sich in den letzten Jahrzehnten kaum verändert. Deutlich verändert hat sich hingegen die Zusammensetzung der Steuereinnahmen: Ein immer größerer Teil entfällt auf die Lohnsteuer, während die Unternehmenssteuern zurückbleiben. Dieser Tendenz zu Ungunsten der arbeitenden Menschen kann durch eine Wertschöpfungsabgabe entgegengewirkt werden.

Jährlich steigende Produktivitätszuwächse und gleichzeitig sinkende Anteile von Löhnen und Gehältern am Volkseinkommen führen zu einer Benachteiligung von arbeits- und forschungsintensiven Betrieben, während kapital- und energieintensive Betriebe überproportional bevorzugt werden. Der Rationalisierungsdruck wird dadurch verstärkt. Durch die Einbeziehung von Gewinnen, Abschreibungen, Fremdkapitalzinsen, Pachten, also wertschöpfungsbezogenen Abgaben, könnte die Bemessungsgrundlage für Abgaben, aus denen essenzielle Sozialleistungen finanziert werden, erheblich verbreitert werden.

Die Vorteile lägen nicht nur in einer größeren Stabilität, sondern auch in einer höheren Beschäftigungsfreundlichkeit. Eine Wertschöpfungsabgabe beseitigt die allseitig beklagte einseitige Belastung des Faktors Arbeit. Die Leistungsfähigkeit des Unternehmens würde zum Gradmesser werden, und nicht, wie bisher, allein die Lohnsumme.

Veröffentlicht: 21. Juni 2016

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